Die Gründung 1845

Dr. Heinz-Josef Sökeland
nach Unterlagen von Bernhard Ohlmeier


Für Greffen ist anzunehmen, dass das Schützenwesen viel älter ist als bisher angenommen wurde und in das 14. bzw. 15. Jahrhundert zurückreicht.
Wahrscheinlich ist der Verein aus der Landesmiliz des Fürstbistums Münster hervorgegangen. Nach der Landesverteidigungsordnung des Bischofs Bernhard von Galen vom 17.09.1669 mussten aus jedem Haus an jedem Sonntagnachmittag ein waffenfähiger Mann zur Waffenübung antreten. Sogenannte Kirchspielführer hatten diese Übungen mit ihren Unterführern zu leiten. Jede gesunde männliche Person gehörte vom 16. bis zum 60 Lebensjahr dieser Miliz an, die besonders in Greffen eine erhöhte Bedeutung hatte, da wir Grenzgemeinde zur Grafschaft Ravensburg und später zu Preußen waren.

Dass dieser Verein, der Sonntag für Sonntag Dienst leisten musste, auch einmal im Jahr ein frohes Fest feierte, den besten Schützen ehrte, ihn zum König machte, und die höfischen Formen in einfacher Weise nachahmte, liegt auf der Hand. Bei diesem Fest scheinen auch noch andere Preise verteilt worden zu sein. Bauer August Rolf-Haverkamp, geb. 18.08.1870, erzählte dem Lehrer Ohlmeier, dass sich in seinem Haus ein buntbemalter Porzellanteller befunden habe mit der Inschrift „Preis von Grevene“ und der Umschrift „Lüstern sein die Weiber all seit Adams Sündenfall“.
Die Schreibweise Grevene und die Derbheit der Umschrift deuten nach Bernhard Ohlmeier auf sein hohe Alter.

Die Franzosen verboten dann nach 1806 das Schützenwesen. Die Schusswaffen waren abzuliefern. Damit hatte das Fest seinen Ausgangspunkt verloren und es ruhte in Greffen, wie in allen Gemeinden des ehemaligen fürstbischöflichen Amtes Sassenberg, für mehrer Jahrzehnte.
Wie sehr man im Münsterland dem Schießen auf den Vogel mit dem Gewehr nachtrauerte, zeigt eine Inschrift auf einer Medaille der St.-Jakobi-Bruderschaft von Herber aus dem Jahre 1831: „O traurig Schützenfest, Gott sei´s geklagt. Wobei das Flintenschießen untersagt. Doch schossen wir mit Flitzebogen, mir war zuletzt das Glück gewogen. Ich wurde Schützenkönig und freue mich nicht wenig.“

Ende der dreißiger Jahre des vorherigen Jahrhunderts hoben die Preußen bei uns das Schießverbot wieder auf. Innerhalb von 10 Jahren gründeten sich dann in allen Gemeinden des Altkreises Warendorf neue Schützenvereine.
In Greffen geschah dies 1845. Hier lag der Ausgangspunkt für die Gründung bei den Wirten der Gemeinde Greffen.
Sicherlich hatte man in den Nachbargemeinden gesehen, dass dieses Fest für die Wirte eine lohnende Einnahmequelle war, und nach neuen Einnahmequellen mussten die doch für die kleinen Gemeinden recht vielen Wirte dringend suchen.

Die alte Funktion Greffens als Zollstation am Rande des Fürstbistums Münster auf der Mitte des Weges zwischen Münster und Bielefeld bestand nicht mehr. In der Greffener Chronik heißt es:  Als die großen Handelsstraße über Beelen gebaut wurde, versanken die Emsuferwege mit den anliegenden Ortschaften in die Einsamkeit der Heiden.
Schon 1842 scheint ein Schützenfest gefeiert worden zu sein. Die Witwe Raape wurde Schützenkönigin. Sie war Wirtin auf Hausnummer 31, später Gastwirtschaft Hörstkamp. Diese lag gegenüber dem heutigen Kastanienkrug. Wie die Überlieferung berichtet, wurde der Verein erst 1845 gegründet. Dafür spricht auch, dass der Verein 1895 sein fünfzigjähriges Bestehen feierte.
Nach Ohlmeier sei das Fest zunächst mehr eine Angelegenheit des Dorfes gewesen. Die Außengemeinde sei uninteressiert gewesen.

Nach  den ältesten Akten aus dem Amt Harsewinkel beantragte der Vorstand des Greffener Schützenvereins am 11. November 1853 die Erlaubnis zum Abhalten eines Schützenballes am Sonntag, dem 13. November. Das Gesuch unterschrieben Bernhard Pötter, Hermann Beggewich (Baggewöste), Anton Gausepohl, Joseph Zurstraßen, Ferdinand Pomberg und Joseph Vette. Hierbei handelt es sich auch sicherlich um Gründungsmitglieder von 1845. Das Gesuch hat folgenden Wortlaut: „Fast seit mehreren Jahren haben auch die Schützen den Schützenball gefeiert und jetzt haben wir uns entschlossen, am Sonntag dem 13. November, nach Beendigung des Gottesdienstes bei dem Herrn Gastwirt Anton Böcker auf seinem gereinigten Saale den Ball zu feiern und bitten um Consens darüber für die ganze Nacht.“

Der Gasthof Böcker -später Clemens Schröder- war einer der ältesten im Kreis Warendorf. Im Inneren des Hauses sah man das nachgebildete Greffener Wappen mit der Umschrift „Grachtonis de Grevene 1336“.
Am Pfingstmontag des Jahres 1853 war  nach derselben Akte  Schützenfest. Somit scheint festzustehen, dass von der Gründung an immer Pfingsten der Tag des Greffener Schützenfestes gewesen ist.
1854 unterschrieben Bernhard Pötter, Hermann Beggewisch, Joseph Zurstraßen, Peter Meinersmann, Christoffer Piepenbrink, Joseph Gausepohl. Man darf wohl annehmen, dass es sich hierbei um den Vorstand des Vereins handelte.

Das erforderliche Tanzlokal wurde von der Witwe Gausepohl am Kirchhof (heute nicht mehr existierend) angemietet. Die Getränke wurden auf gemeinschaftliche Kosten angeschafft.
1854 mussten zur Genehmigung die Statuten des Vereins eingereicht werden, die dadurch der Nachwelt erhalten geblieben sind.
Der Winterball am 12. November 1854 wurde, wie die Akten berichten, aus „verschiedenen Gründen“ amtlich verweigert. Ein Vorkommnis, das heute Gott sei Dank undenkbar wäre.
Ein für die Genehmigung eingereichtes Mitgliederverzeichnis, das leider nicht erhalten geblieben ist, enthielt 47 Namen, davon 24 aus dem Dorf.
Für 1885 wird berichtet, dass das Schützenfest am Sonntag nach Pfingsten bei Böcker, der Winterball am 13. Januar bei Joseph Vette gefeiert wurde.

Auch über den Festplatz geben die Akten Auskunft. Das Schützenfest scheint in den ersten Jahrzehnten immer beim ausrichtenden Wirt gefeiert worden zu sein. Die Wirte Böcker und Vette waren zunächst die häufigsten Ausrichter.
Das Vogelschießen fand auf einem Bauernhof statt. Für 18854 berichten die Akten, dass es auf dem Hof Strotmann (heute Hemkemeyer) stattgefunden habe. 1866 fiel – wie im ganzen Münsterland – das Schützenfest wegen des Krieges zwischen Österreich und Preußen aus. 1895 feierte der Verein sein 50jähriges Bestehen.
Eine neue Ära begann für den Schützenverein mit dem Zuzug von Theodor Füchtemeyer nach Greffen. Der Bäckermeister Füchtemeyer berief am 30.09.1900 eine öffentliche Versammlung ein, auf der es zur Wiederbelebung des Schützenvereins kam.

Am 16.04.1902 wurde der Verein polizeilich genehmigt. Präses war Bernhard Brüggemann, Vizepräsident Heinrich Zurstraßen, Schriftführer Peter Quiel, Kassierer Heinrich Rotthaus. Als Beigeordnete gehörten Anton Ostholt, Theodor Lüffe, Arnold Loweg und Chritoph Rahmann dem Vorstand an.
Großen Anklang fand der Verein zunächst in Greffen nicht. Nach 2 Festen hatte der Verein 50,00 Mark Schulden. Der gesamte Vorstand stellte sein Amt zur Verfügung und lehnte eine Wiederwahl ab. Jetzt wurde Theodor Füchtemeyer Vorsitzender des Vereins und blieb es bis zu seinem Tod 1940. Das erste Schützenfest unter neuer Leitung erbrachte einen Überschuss von 200,00 Mark.

Theodor Füchtemeyer verstand es, dem Verein die tragende Idee einer Gemeinschaft zu geben. Das Schützenfest wurde ein Gemeindefest, ein Volksfest, ein Heimatfest im besten Sinne des Wortes. Wer in Greffen geboren war, oder seine Wurzel geschlagen hatte, kam am Pfingstmontag heim. Seele des Festes war Theodor Füchtemeyer und ist es geblieben bis zu seinem Tode. Was er an Zeit und Geld an den Verein geopfert hat, wissen nur wenige seiner engsten Mitarbeiter und Freunde (nach Ohlmeier). Die Gemeinde dankte es mit der Benennung einer Straße nach ihm.

Pfingsten 1939 wurde das letzte Schützenfest vor dem Krieg in alter Form gefeiert. Schützenkönig wurde hier Bernhard Ahlke.
Mit Beginn des Krieges bis 1950 wurde kein Schützenfest gefeiert. Da der Schützenverein zwangsweise in den NS Schützenbund eingegliedert worden war, befürchtete man beim Einzug der Alliierten nicht zu unrecht, dass die alten Fahnen als Ausdruck nationalsozialistischer Gesinnung gewertet werden würden, zumal sie scheinbar in Greffen mit den Fahnen der NSDAP gemeinsam aufbewahrt wurden.

Ohlmeier schreibt, dass sie beim „Kameraden“ Wahlert aufbewahrt wurden. Von hier verschwanden sie. Sie wurden mit den Fahnen der NSDAP verbrannt. Das Vermögen des Schützenvereins und des Kriegervereins wurde von den Alliierten beschlagnahmt, die Vereine verboten und aufgelöst. Lediglich die Königskette blieb dem Schützenverein erhalten. An ihr hängen – von 1902 bis 1950 – 33 Königsorden, die lückenlos die Königspaare seit 1902 aufzeigen. In diesem Jahr scheint die Kette auch beschafft worden zu sein. Das Mittelstück trägt die Inschrift: „Schützengesellschaft , gegründet 1845, als landwirtschaftlicher Schützenverein seit 1902“.

Die alten Königsorden werden heute auf dem Schützenfest auf Ordenkissen präsentiert.


Die Zeichnung auf der rechten Seite findet sich auf der ersten Seite
der handgeschriebenen Chronik von Lehrer Bernhard Ohlmeier.